Die STM in Münster ist nun schon über eine Woche vorbei - Zeit genug, alles Revue passieren zu lassen und die wichtigsten Eindrücke festzuhalten: Das FAQ hat gut funktioniert und alle hatten wohl ein wirklich spaßiges und spannendes Turnier. Nicht ganz unschuldig daran ist Felix alias "General Grundmann". Mit ihm sprach (oder besser "schrieb") ich ein wenig über das Hobby und die Regeln an sich. Das ganze Interview könnt ihr hier lesen:
Herr General...
Sicarius: Felix, einige Leser kennen dich
vielleicht noch nicht. Würdest du dich kurz vorstellen?
General Grundmann: Hier ein paar kurze Eckdaten. Steinbock
des Jahres 1979, Einstieg in die Welt des analogen Spiels als Kind
durch die „Spiel des Jahres“ Brettspiele innerhalb der Familie,
später dann ab 12 Jahren DSA und Battletech. Außerdem die üblichen
Verdächtigen: MERS, Shadowrun, RoleMaster, Paranoia, Vampire und so
weiter, und so weiter… Zusätzlich Street Fighter 2 Fanatiker auf
dem SNES. Als erster PC ein Schneider CPC 464 mit Datasette und
grünem Monitor. Ich war Handballer und bin dem Sport grundsätzlich
zugeneigt, aktuell mit Laufsport, Streetball und leichtem
Krafttraining am Start. Ich bin generell multimedial interessiert -
mit einem komplett eingerichteten „Nerdvana“ in den eigenen vier
Wänden und einer ausgewählten Sammlung von Gegenwartskunst,
beginnend bei Brettspielen, über Comics bis hin zu viel zu vielen
Miniaturen verschiedenster Systeme. Dafür ließ ich meine Küche
rausreißen um zusätzlichen Stauraum zu erhalten, aber man muss
Prioritäten setzen!
In Warhammer 40K bin ich seit Rogue
Trader aktiv, aber so richtig erst wieder ab 2002. Ich bin in erster
Linie Spieler, dann Sammler, dann Hobbyist im Sinne von bauen und
malen. Mich prägt meine Battletech-Zeit der 90er, weil ich damals
die Ehre und das Vergnügen hatte, mit Gleichgesinnten einem
gemeinsamen Hobby nachzugehen, was freundlich aber gewissenhaft
betrieben wurde. Dieses Spielgefühl, mit Figuren und Würfeln auf
einem Spieltisch gegen einen motivierten menschlichen Mitspieler
anzutreten, ist für mich die Hauptmotivation, diesem Hobby zu
frönen.
Du stehst seit Jahren als eine
Art Regel-Guru unter anderem hinter dem FAQ der Stadtmeisterschaft in
Münster oder dem German Rules Council FAQ. Wie kommt man dazu, vom
Spieltisch in die doch eher trockenere Ecke der Regelauslegung zu
gehen?
Eigentlich komme ich angestammt aus
dieser Ecke und traue mich von da aus lediglich hin und wieder an den
Spieltisch!
Spaß beiseite, eigentlich geht´s nur
darum, gleiche und bekannte Voraussetzungen im Vorfeld eines Spiels
bzw. eines Turniers zu schaffen, um einen flüssigen Spielablauf zu
gewährleisten. Der eben nicht von Regeldiskussionen gestört wird.
Da wiederhole ich auch immer gerne mein Mantra: „Es ist mir völlig
egal, WIE etwas gespielt wird! Es muss nur im Vorfeld verständlich
und für alle verbindlich geklärt sein!“
In sich schlüssige Regeln sind
natürlich das Rückgrat jedes Spiels. Unter diesem Gesichtspunkt:
Wie bewertest du die Entwicklung, die Warhammer 40.000 in den letzten
Jahren und Editionen durchgemacht hat?
Allen Defiziten zum Trotz, hat sich 40K
regeltechnisch immer weiter entwickelt, meiner Meinung nach auch von
Edition zu Edition verbessert. Viele finden den Nahkampf zu stark
benachteiligt in dieser Edition, aber ich bin der Meinung, dass diese
Edition mit ihrem eindeutigen Schwerpunkt auf dem Beschuss endlich
ein modernes Sci-Fi Schlachtfeld am ehesten abbildet. In den alten
Editionen war der Nahkampf zu einfach und zu stark, aber wie gesagt,
immer nur meiner Meinung nach. Von einem regeltechnischen Standpunkt
aus lernt GW von Edition zu Edition besser zu werden. Man könnte
auch fast glauben, dass sie in der aktuellen Edition erstmalig eine
richtige Qualitätskontrolle hatten. Das Regelbuch liest sich in
weiten Teilen schön technisch, fast modular. Es wurden mehr
eindeutige Mechanismen verwendet, mit denen man eigentlich sehr gut
zu Regelentscheidungen kommen kann. Leider tut sich GW in jeder
Edition mit den neu eingeführten Sachen schwer, so sind zum Beispiel
Chariots oder bestimmte Aktionen außerhalb der eigentlich
zugedachten Phase, zum Beispiel Interceptor, einfach nicht gut bzw.
klar genug formuliert.
Was gefällt dir besonders an der
aktuellen Edition? (Hast du vielleicht ein Lieblings-Spielelement?)
Rumpfpunkte! Das wurde sowas von Zeit.
Der Schwerpunkt auf Beschuss. Und die Wertschätzung der Characters
durch Precision Shots und Precision Strikes, sowie die Möglichkeit
zu Herausforderungen. Alliierte - so viele Möglichkeiten! Finde ich
alles gut. Am wichtigsten aber: S/U/N. Ich finde die 20er Matrix,
gerade aus Turniersicht, zwingt immer zu bestimmten Armeen. Nur S/U/N
lässt sämtliche listentechnischen und spielerischen Möglichkeiten
überhaupt erst zu! Außerdem begrüße ich, dass die ganzen
„billigen Tricks“ abgeschafft wurden, sowas wie aus der Reserve
erscheinend direkt angreifen zu dürfen. 40K ist ein ganzes Stück
planbarer geworden auf taktischer Ebene (auf dem Spielfeld), dank
S/U/N aber auch ein ganzes Stück wahnsinniger auf strategischer
Ebene (grundsätzliche Spielanlage sowie Turnier-Meta). Und gerade
diese Mischung aus neugewonnener Planbarkeit auf der einen Seite und
jeglichem erfolgreich spielbaren Wahnsinn auf der anderen Seite macht
diese Edition für mich zu meiner aktuellen Lieblingsedition von
Warhammer 40K.
Du hast das FAQ der diesjährigen
Stadtmeisterschaften ausgearbeitet. Wie viel Arbeit steckt in sowas?
Wie seid ihr vorgegangen?
Dieses Jahr war es mit knapp 120
Zeitstunden deutlich entspannter als die Jahre davor, wo das auch
gerne mal um die 200 Zeitstunden waren. Das FAQ entsteht durch meine
eigenen Spielerfahrungen, aktuelle GW-Fanworld Diskussionen sowie
sämtliche Anfragen, die mindestens dreimal an mich herangetragen
wurden. Grundsätzlich halte ich es da mit Jaq Draco, der mal meinte,
je größer die „Foren-Disco“ vor dem Turnier ist, umso
entspannter ist das Turnier an sich. Darum begrüße ich wirklich
jede Frage im Turniervorfeld. Jede im Vorfeld geklärte Frage ist
eine Frage auf dem Turnier weniger.
Obwohl ich während des gesamten
Turniers keinen einzigen Schiedsrichter gesehen habe, sind die
meisten Spiele relativ reibungslos abgelaufen. Verstehst du das als
Lob für deine Arbeit?
Eigentlich eher als Lob an die „Szene“
selbst und eine positive Entwicklung im Umgang mit Regeldiskussionen.
Liegt aber auch daran, dass die meisten der Turnierspieler sich
inzwischen kennen und dadurch ein humanerer Umgang miteinander Einzug
gehalten hat. Mein Beitrag dazu ist ja eigentlich nur, dass ich
versuche die häufigen Fragen zu sammeln und irgendwie
nachvollziehbar im Vorfeld zu entscheiden.
Einige Regelungen waren natürlich
bei den Spielern besonders umstritten. Gab es Regelauslegungen, die
dir im Vorfeld Probleme gemacht haben? Gibt es vielleicht Lücken,
die besonders oft zu Irritationen unter den Spielern führen?
Deckung ignorieren und das
Bolter-Banner waren die wichtigsten Punkte. Deckung ignorieren hat
auf der GW-Fanworld seinen eigenen x-seitigen Thread, dazu sage ich
gerne noch im persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht was,
aber nicht mehr in Schriftform. Da ist alles gesagt und die Fronten
sind verhärtet. Das Bolter-Banner hatte ich schlicht und ergreifend
aus Organisatorsicht erst einmal restriktiv geregelt, weil es
einfacher ist, etwas kurzfristig zuzulassen als kurzfristig zu
verbieten. Nach wie vor ein Problem ist Modelle außer Sicht zu
treffen, zu verwunden und als Verluste auch zu entfernen. Dazu kommen
grundsätzlich die „Strahl“ bzw. „Beam“-Attacken, die sind
einfach nicht eindeutig geklärt. Und der genaue Ablauf der
Bewegungsphase inklusive Reserven und Psikräften, das kriegt GW
einfach nicht hin. *seufz*
Negativ: Erstaunlicher Weise gab es
viele Rückfragen bei allgemeinen Grundregeln, der Ägis und
erschreckender Weise auch beim jeweils eigenen Codex, wo teilweise
offenbar nicht einmal das eigene offizielle GW-FAQ bekannt war.
Hast du ein besonderes System,
nach dem du vorgehst, also beispielsweise zuerst Wortlaut, dann
Regelsystematik, dann Regelungszweck?
Ja, grundsätzlich erst mal RAW und
dann bin ich flexibel, entweder Analogien, wenn es welche gibt, oder
Best Practice. Meine Grundsatzartikel dazu gibt´s hier:
Wenn man das Spiel spielt,
vergisst man häufig das dahinter stehende Spieldesign. Anders herum
ist es aber sicher auch möglich, den Kontakt zum Spiel zu verlieren.
Findest du, Warhammer entfernt sich im Turnierbetrieb teilweise zu
weit von seinen Wurzeln?
Lässt sich meiner Meinung nach nicht
verallgemeinern, weil das jeder Spieler unterschiedlich wahrnimmt.
Warhammer 40K ist an sich kein Turnierspiel, zumindest nicht den
Ansprüchen nach, die ich an ein Turnierspiel stelle. Trotzdem machen
wir Turniere, um andere Spieler zu treffen, andere Armeen in Aktion
zu sehen und einen „Gewinner“ zu ermitteln. Wenn jemand wegen
übertriebenem spielerischen Ehrgeiz seine eigene Spielfreude
und/oder die des Mitspielers zu Nichte macht, dann entfernt sich
jedes Spiel von seinen Wurzeln. Mir soll ein Spiel Freude machen und
eine besondere Erfahrung darstellen. Klappt meistens, nicht immer.
Um das German Rules Council ist
es still geworden. Wie wichtig ist eine deutschlandweit zumindest
annähernd ähnliche Regelauslegung für den „täglichen“
Turnierbetrieb?
Meiner Meinung nach würde das immer
noch vieles vereinfachen, ist aber de facto nicht zwingend nötig,
solange die gängigsten Fragen im Vorfeld entschieden sind. Insofern
hat das GRC die Turnierorgas dafür sensibilisiert, dass es häufige
Fragen gibt. Und dass diese nur im Vorfeld geklärt sein müssen,
dann auch gerne mit regionalen Unterschieden.
Und zum Schluss noch eine eher
persönliche Frage: Gegen wen war dein letztes Spiel, was hast du
gespielt und wie ging es aus?
Gegen Navarre und seine Tau vom A-Team.
Nachdem ein verzweifelter Angriff von mir völlig verpuffte,
konzentrierte ich mich darauf, wenigstens Eldrad und den Himmlischen
auszuschalten. Navarres Sieg war damit eigentlich ab Runde 2
ungefährdet, aber auch wenn da nichts mehr zu holen war für mich,
spiele ich einfach gerne. Und dann muss man sich halt kleinere Ziele
setzen. Emotionale Selbstregulation nennt sich das. Auch wenn meinem
anbetungswürdigen TEAM-Fluff durch meine schlechte Armeewahl eine
bessere Turnierendplatzierung verwehrt blieb und ich mein letztes
Spiel deutlich verlor, so konnte ich doch mit einem Lächeln das
Turnier verlassen, nachdem zuerst der Himmlische und kurz darauf
Eldrad erfreulich letale Bekanntschaft mit einem Stärke 8 Geschoss
machen durften. *lacht*
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